Leben mit Long Covid

Mein Gamechanger: Die hyperbare Sauerstofftherapie (HBO)

HBO, oder ausgeschrieben die hyperbare Sauerstofftherapie, war für mich DER Gamechanger!

Ich hatte bereits vorher davon gehört, doch spätestens nach Hirschhausens Sendung über Long Covid (zum Nachschauen auf youtube: https://youtu.be/myTCbj8lBtM) war HBO für die Long Covid Community zum Begriff geworden. Ein Begriff, der Hoffnung brachte. Hoffnung darauf, endlich eine Therapiemöglichkeit gefunden zu haben, Hoffnung darauf, wieder gesund zu werden – Hoffnung darauf, das alte Leben zurückzubekommen. Nachdem bei mir die Bioresonanz und Nahrungsergänzungsmittel keine spürbare Verbesserung gebracht hatten, sagte mir mein Bauch, dass dies meine nächste Anlaufstelle sein sollte.

 

Zu Beginn war ich sehr skeptisch. Ich war mir nicht sicher, ob ich eine Stunde eingeschlossen in einer Überdruckkammer psychisch durchhalten würde. Ich war nicht klaustrophobisch, aber der Gedanke, eingeschlossen zu sein und nicht sofort rauszukönnen, wenn ich das wollte, behagte mir überhaupt nicht. Denn auch im Notfall benötigte es bei einer schnellen Druckablassung einige Minuten, bis man die Tür gefahrenfrei wieder öffnen konnte, ansonsten riskierte man schwere körperliche Schäden. Doch auch der körperliche Aspekt bereitete mir Kopfzerbrechen. Mein Körper hatte sich durch Long Covid sehr verändert. Ich kannte ihn nicht mehr, konnte seine Reaktionen auf Stress, Behandlungen, Nahrung etc. nicht mehr einschätzen – er war völlig unberechenbar geworden. Er hatte seit der Covid-Erkrankung im August 2021 immer wieder aus dem Nichts Autoimmunreaktionen hervorgerufen, bis mein gesamter Körper von unglaublich schmerzhaften Entzündungen geschüttelt wurde. Was, wenn der Druck solch eine Reaktion hervorrief? Wollte ich das wirklich riskieren?

 

Die Antwort lautete ja. Der Leidensdruck war grösser als meine Zweifel oder Sorgen, und ich begann, mich zu informieren. Ich stiess bei meiner Internetrecherche auf eine Schönheitsklinik in Zürich, die eine hyperbare Sauerstofftherapie anbot. Die einzige Anlaufstelle, die ich in Zürich finden konnte. Obwohl eine Schönheitsklinik nicht meiner Vorstellung entsprach, entschloss ich mich dazu, dort anzurufen. Man reagierte sehr freundlich auf meine Anfrage und nahm sich Zeit, meine Fragen und Bedenken zu beantworten. Als ich mir noch immer unschlüssig war, lud man mich auf ein unverbindliches Gespräch vor Ort ein. Ich sagte zu, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung hatte, wie ich es überhaupt bis dorthin schaffen sollte.

 

Am nächsten Morgen benutzte ich das erste Mal seit Ewigkeiten den ÖV. Ich rechnete für die Anreise über eine Stunde ein, obwohl die Tram und anschliessender Fussmarsch laut GoogleMaps eigentlich bloss 30 Minuten betrugen. Doch ich wollte kein Risiko eingehen. Und es zahlte sich aus: so hatte ich genug Zeit, um nicht in Stress zu verfallen und gemütlich den Weg von der Tramhaltestelle bis zur Klinik am Zürichsee vorzulaufen, und dabei ab und zu Pause zu machen (eine Strecke von knapp 5 Minuten, für die ich jetzt 20 Minuten rechnete). Das Gebäude ist glücklicherweise mit Lift ausgestattet: da die Klinik im 4. Stock liegt, ist das schon sehr praktisch. Als ich eintraf, fühlte ich mich zuerst absolut am falschen Ort.

 

Ein Ort der Schönheit mit perfekten Menschen und Brustimplantaten auf dem Tisch hatte nicht mehr viel gemeinsam mit meiner Realität, in der ich es heute Morgen nur knapp geschafft hatte, zu duschen und meine Haare zu waschen, aber nicht zu föhnen. Also hatte ich mir eine Mütze übergezogen, um die nassen Haare vor der Kälte zu schützen, passend zu meinen ausgelatschten Sneakers und Trainerhosen, weil ich kaum die Kraft fand, mich umzuziehen, geschweige denn, den 30 Minuten langen Weg per ÖV in die Klinik zu schaffen. Ungeschminkt und erschöpft kam ich also dort an, und fragte mich, ob dies tatsächlich der richtige Ort sei für mich, um Hilfe zu finden. Ich durfte erstmal in einem Zimmer Platz nehmen, um einen Fragebogen und Unterlagen zum Datenschutz und Verzichtserklärungen auszufüllen, während mein Blick eher an der phänomenalen Aussicht direkt auf den Zürichsee und den Brustimplantaten vor mir auf dem Tisch hängen blieb. Mir wurde unwohl, doch dann trat eine junge Frau ganz in schwarz ein. Sie nahm gegenüber von mir auf einem tiefschwarzen Ledersofa Platz und erklärte mit freundlicher Stimme den Vorgang der hyperbaren Sauerstofftherapie bis ins kleinste Detail. Ich fühlte mich von ihr von Anfang an äusserst ernst genommen, als ich ihr meine Bedenken schilderte, und sie ging gewissenhaft darauf ein und war bemüht, mir all meine Fragen zu beantworten. Sie wies mich auch darauf hin, dass bei ihnen die HBO-Therapie präventiv gegen Zellalterung durchgeführt wurde, und sie keine medizinische Behandlung anbieten konnten, geschweige denn Heilversprechen für medizinische Anliegen wie die Heilung von Long Covid versprechen konnten. Heisst auf Deutsch: eine sehr kostspielige Verjüngungskur mit allfälligem Nebeneffekt der Verbesserung von Long Covid Symptomen. Jedoch konnte sie mir von drei anderen Long Covid Betroffenen berichten, die sich bei ihnen haben behandeln lassen. Alle drei hatten über Verbesserungen ihrer Fatigue-Symptomatik berichtet, jedoch war es sehr unterschiedlich, nach wie vielen Sitzungen dies bemerkt wurde. Eine Patientin hätte bereits nach dem ersten Mal gemeint, dass sie sich fitter und energiegeladener fühle. Bei den anderen zwei hätte es länger gedauert, da waren es um die 8 Behandlungen. Allgemein riet die Schönheitsklinik zu 10 Behandlungen, welche es im Abopreis für 1500 Franken gab. Ganz schön viel Geld für die Therapie einer Krankheit, die eigentlich von der Krankenkasse abgedeckt sein sollte. Long Covid zählt zwar mittlerweile als Krankheit, doch leider werden bisher nur sehr wenige Therapien von der Krankenkasse übernommen. Dazu gehören zum Beispiel die Physio- und Ergotherapie, die uns zwar im Umgang mit der Fatigue schulen, sie aber nicht behandeln können. Für eine HBO jedoch müssen wir vorläufig selbst aufkommen, weil sie wissenschaftlich (noch) nicht erwiesen wurde.

 

Zum Abschluss bot die junge Frau mir an, dass ich die Kapsel begutachten durfte. Im Gegensatz zur in Hirschhausens Film gezeigten Überdruckkammer wird dort mit einer Überdruck-Kapsel gearbeitet. Diese Kapsel ist relativ klein, und nur für eine einzige Person gemacht. Ich wurde in den Behandlungsraum geführt, wo ich mich sogar in die Kapsel legen konnte, um so einen genaueren Eindruck und Gefühl dafür zu gewinnen. Ausserhalb der Kapsel hängt ein Fernseher, wo man sich während der einstündigen Behandlungszeit mit Netflix ablenken kann. Man darf auch ein Buch mit rein nehmen, um zu lesen, und auch Handys seien bisher noch nie zu Schaden gekommen innerhalb der Kapsel.

Zum Ablauf

In der Kapsel wird langsam ein Überdruck erzeugt, der um das 2.4- bis 3-fach höher ist als der Aussendruck. In der Kapsel befindet sich zudem eine Sauerstoffmaske, durch die reiner Sauerstoff eingeatmet wird. Dank des Drucks kann bis zu 20 Mal mehr Sauerstoff ins Blut gelangen, wodurch ein potenzieller Sauerstoffmangel auf Zellebene behoben und die Selbstheilungsfähigkeiten des Körpers verbessert werden können. Man liegt eine Stunde in der verschlossenen Kapsel, bevor der Druck wieder angepasst, und man die Kapsel verlassen kann.

 

Fazit

Beruhigt durch die kompetente Beratung und Vorführung entschloss ich mich für diese Behandlung. Und habe es nie bereut. Ich wurde die ganze Zeit über äusserst professionell aber auch verständnisvoll begleitet. Verständnisvoll dann, wenn bei mir wieder Entzündungen ausbrachen und ich die Behandlung kurzfristig wieder absagen musste, oder weil ich wieder einen Crash hatte und es nicht zur Klinik schaffte. Bereits nach der 2. Sitzung glaubte ich eine deutliche Verbesserung meiner Fatigue Symptome zu spüren, die von meinem Freund Max bestätigt wurde, und mir bis heute erhalten geblieben ist. Ich schaffte 4 Sitzungen, bevor ich für die Reha Klinik einrücken musste. Doch ich werde nach meinem Aufenthalt in Gais definitiv weiterfahren mit der HBO Therapie, die mir ein grosses Stück meiner Lebensqualität zurückgegeben hat! Ich kann diese Therapie allen (mit Fatigue), die sich dafür interessieren, wärmstens empfehlen. Sie beinhaltet kaum Kontraindikationen oder Risiken. Die Luftdruckveränderungen in der Kapsel sind mit denen eines Flugzeugstarts oder Tauchgangs vergleichbar. Daher ist es wichtig, dass man selbständig den Druckausgleich machen kann.

Ein herzliches Dankeschön damit auch an die Schönheitsklinik und ihre Mitarbeiter*innen, vor allem an die junge Frau, die mich dabei so kompetent begleitet hat!

Wenn sich jemand dafür interessiert, macht mir doch ne Nachricht, dann gebe ich euch den Tipp gerne weiter 😊

 

Alles Liebe, eure Laura

13 Kommentare zu „Die Hyperbare Sauerstofftherapie (HBO)“

  1. Liebe Laura
    wie geht es dir momentan? Ist die Fatique immer noch weg? Ich habe seit 1 Jahr Longcovid und habe jetzt endlich, aber erst Ende April einen Termin in der LC-Sprechstunde. Ich bin am Ende meiner Kräfte und verzweifle wieder einmal. Meine Fatique und mein Brainfog wird immer schlimmer. Wohne im Engadin. Die Behandlung in dieser Kapsel interessiert mich sehr. Habe keine Ahnung, ob es sowas in meiner Nähe gibt. Vielleicht kannst du mir beim Recherchieren helfen. Ja, eure Homepage ist sehr interessant. Danke dafür. Liebe Grüsse Bettina

    1. Hallo liebe Bettina
      Vielen Dank für deinen Kommentar und dein Interesse an unserer Webseite.
      Tut mir Leid zu hören, dass du nach so langer Krankheitsgeschichte immer noch so lange warten musst, um an eine Long Covid Sprechstunde zu gelangen. Ich kenne das Gefühl sehr gut, ich habe daraufhin andere Covid Sprechstunden angeschrieben (Graubünden, St.Gallen, Zürich, Aarau, Baden etc.) und bin so an einen wesentlich früheren Termin gelangt. Musste dafür aber natürlich auch eine weitere Anreise in Kauf nehmen, was für dich aus dem Engadin ja wahrscheinlich eher schwierig ist. Du kannst denen jederzeit eine Email machen und schreiben, dass dein Zustand akut ist und die Dringlichkeit hoch, dann kommen sie auf dich zurück, wenn ein früherer Termin ausfallen würde. Falls du nach einer anderen Covid Sprechstunde schauen willst: auf unserer Webseite unter „Definition Long Covid“ findest du einen Link für die Covid Sprechstunden in der Schweiz.

      Nun zu deinen Fragen: Ich bin momentan in Reha, und ja, es geht mir wesentlich besser. Ausschlaggebend, dass es für mich aufwärts ging, war für mich eindeutig die HBO. Dort konnte ich mein Energielevel von 5% auf 50% erhöhen, mit nur 4 Sitzungen! Der Rest ist regelmässiges (körperliches, geistiges und achtsames) Training, Pacing und die Weiterführung der HBO, sobald ich aus der Reha bin. Falls es für dich in der Nähe keine HBO Therapie gibt (die sind sehr rar), so findest du vielleicht etwas zu HIIT (Höhentraining). Diese Therapie ist ähnlich und weiter verbreitet, und ich habe bereits von vielen gelesen, dass die ihnen auch sehr helfen konnte. Falls du dich für die Adresse der HBO in Zürich interessierst, kannst du mich gerne per Email kontakt.lebenmitlongcovid@gmail.com kontaktieren.

      Ich wünsche dir von Herzen, dass es aufwärts geht, und du einen Weg findest, deinem Körper den kleinen Anstupser zu geben, den es manchmal braucht, damit es Richtung Genesung gehen kann.

      Alles Liebe
      Laura

  2. Hi, wo warst du on Zürich?
    Wie lange ging eine Sitzung, 60 oder 90 Minuten? Hast du nur reinen Sauerstoff geatmet oder dazwischen auch normale Luft?
    Danke Martin

    1. Hi Martin
      schön, dass du auf unsere Website gefunden hast!
      Mach uns doch ne Mail auf kontakt.lebenmitlongcovid@gmail.com, dann kann ich dir den Ort der HBO Therapie in Zürich privat schicken.

      Eine Sitzung dauerte 60 Minuten. Mir wurde geraten, jeweils 10-12 Minuten den reinen Sauerstoff durch die Maske einzuatmen, und dann eine Pause einzulegen, sprich: die Maske auszuziehen und „normalen“ Sauerstoff für 2-3 Minuten einzuatmen. Dann zog ich die Maske wieder über. Das Spiel wiederholte ich, bis die 60 Minuten rum waren. Hat ganz gut funktioniert:)

      Ich hoffe, das beantwortet deine Fragen und wünsche dir alles Gute für die Zukunft
      Alles Liebe
      Laura

  3. Danke für den Blogbeitrag. Ich habe dieselbe Erfahrung. Nach drei Sitzungen haben sich alle Symptome, insb. die Fatigue und der Brainfog massiv verbessert. Eine Schande, dass wir das selber bezahlen müssen. Aber die Lebensqualität, die ich zurückgewonnen habe, ist jeden Rappen wert…

    LG

    1. Wirkt das wirklich so gut, war jetzt das zweite Mal, bin total fertig und habe extreme Probleme mit den Ohren wegen dem Druckausgleich!? Kann das am Anfang so sein, mein Berater meinte zwar nicht!!
      LG Simone

  4. Hallo,
    lieben Dank, dass ihr eure Erfahrungen hier teilt!
    Ich bin auch betroffen und mache zurzeit eine HBO-Therapie in Deutschland. Ich habe jetzt acht Behandlungen hinter mir und bisher hat sich meine Symptomatik aufgrund der Belastung in der Druckkammer eher verschlechtert. Könnt ihr die Erfahrung teilen, dass es zunächst schlechter wurde und dann irgendwann besser? Ab der wie vielten Behandlung wurde es bei euch besser und woran habt ihr das fest gemacht?

    Vielen Dank im Voraus, eine gute Genesung und herzliche Grüße

    1. Hallo Marc!
      Mir geht es gerade gleich wie dir, mein Zustand hat sich sehr verschlechtert durch die Therapie, habe fünf Sitzungen bis jetzt hinter mir! Habe auch extreme Probleme mit den Ohren!! LG Simone

      1. Hallo Simone,

        die „Verschlechterung“ kann evtl. auf die das sogenannte Herxheimer-Reaktion zurückzuführen sein.
        In unserer milden hyperbaren Sauerstoffkammer in Münster habe ich bei einigen Kunden ähnliches Beobachten können. Versuch dran zu bleiben, evtl. einmal ein paar Tage Pause, damit Dein Körper den oxidativen Stress abbauen kann.

        LG
        Thomas

  5. Hallo Laura,
    ich leide nach einem sehr milden Covid Akutverlauf seit 5 Monaten an Long-Covid und habe hauptsächlich eine Belastungsintoleranz, die sich bei Überschreitung der Belastungsgrenze hauptsächlich in Hinterkopf-, Nacken- und Rückenschmerzen, Druck auf dem Brustkorb, Schlafstörungen und dem Bedürfnis sich einfach nur hinlegen zu wollen äußert.

    Hattest du u.a. auch diese Fatigue Symptome und haben sich diese durch die hyperbare Sauerstofftherapie auch gebessert oder zeigten sich bei dir eher andere Symptomverbesserungen?

    Danke dir vorab und Gruß

    1. Hallo Daniel

      Meine Belastungsintoleranz hat sich leicht verbessert, aber sie ist nicht verschwunden. Am Meisten verbessert haben sich meine Fatigue Symptome, diese bleierne Müdigkeit, die anfangs verhinderte, dass ich überhaupt genug Kraft aufbrachte, um aus dem Bett aufzustehen.

    1. Hallo Sebastian
      Am Besten besprichst du das mit den Anbietern. Ich würde aus eigener Erfahrung jedoch sagen, dass Pausen nützlich sind, damit sich der Körper nach der Therapie etwas erholen kann. Alles Gute!

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